Bob-Europameisterschaft 1991

Bob-Europameisterschaft 1991
Männer Frauen
Sieger
Zweierbob Schweiz Gustav Weder
Bruno Gerber
Viererbob Schweiz Gustav Weder
Bruno Gerber
Lorenz Schindelholz
Curdin Morell
← 1990
1992 →

Die Bob-Europameisterschaft 1991 wurde am 22. Januar im Zweierbob und am 27. Januar 1991 im Viererbob zum vierten Mal auf der Natureisbahn Breuil-Cervinia im italienischen Cervinia als fünfte von sechs Veranstaltungen des Bobweltcups ausgetragen.

Nach der Deutschen Wiedervereinigung trat nun erstmals ein gesamtdeutsches Bobteam bei Europameisterschaften an. Der neu berufene Bundestrainer Raimund Bethge, bis dahin im DDR-Bobsport tätig, musste nun aus den besten Bobteams der DDR und der vormaligen Bundesrepublik eine Mannschaft formen. In internen Qualifikationswettkämpfen setzten sich zunächst die Piloten Wolfgang Hoppe und Harald Czudaj durch und wurden für die Bob-Weltmeisterschaften, die erstmals im erzgebirgischen Altenberg stattfanden, geschont. Die Europameisterschaft war somit für die sogenannte zweite Reihe, bestehend aus Rudi Lochner, Dirk Wiese und Volker Dietrich, die Möglichkeit, sich noch für die WM zu empfehlen. Darüber hinaus waren die Trainer aus der DDR, die im neuen gesamtdeutschen Sportsystem nicht sofort eine Anstellung fanden, begehrte Experten für andere Bob-Nationalmannschaften. Horst Hörnlein war für das britische Bobteam verantwortlich, Detlef Richter hatte eine Anstellung beim italienischen Verband erhalten. Durch das Fehlen der deutschen Top-Athleten kam der Zweierbob-Titelverteidiger Gustav Weder vor allem im kleinen Schlitten fast zwangsläufig in die Favoritenstellung. Da im Viererbob Titelverteidiger Peter Kienast mit dem Bobsport aufgehört hatte, er betreute nun das US-Team, war für Weder auch der Europameistertitel im Viererbob, ein Titel der ihm noch fehlte, in greifbare Nähe gerückt.

Reglementsänderung

Auf dem FIBT-Kongress im italienischen Saint Vincent wurde im Juni 1990 beschlossen, nunmehr nur noch zwei statt vier Wertungsläufe pro Weltcuprennen durchzuführen. Da die Europameisterschaft innerhalb einer Weltcupveranstaltung ausgetragen wurde, galt auch für sie diese Regelung.[1]

Zweierbob

Der erste Europameisterschaftslauf endete mit einer faustdicken Überraschung. Während Gustav Weder noch im Training der Konkurrenz teilweise weit vorausfuhr, fand er sich zur Halbzeit nach einer überhaupt nicht stimmigen Fahrt auf der schwer zu zur befahrenden Natureisbahn im Aostatal nur auf dem siebten Rang wieder. Es führte der deutsche Bob mit Pilot Volker Dietrich, an zweiter Stelle lag nicht minder überraschend der Brite Nick Phipps. Bester Schweizer Pilot war der EM-Neuling Celeste Poltera auf dem dritten Platz. Die jeweiligen Abstände waren jedoch nicht groß, so trennten Dietrich und Weder 35 Hundertstel, zum Bronzeplatz von Poltera hatte Weder gar nur 9 Hundertstel Rückstand.

Im zweiten Durchgang legte Weder die mit Abstand schnellste Zeit des Tages hin, der direkt vor ihm gestartete, auf Platz 8 liegende Rudi Lochner fuhr mit 26 Hundertstel Rückstand die zweitbestes Laufzeit. Anschließend biss sich Konkurrent um Konkurrent an Weders Zeit die Zähne aus und es kam noch zu einigen Verschiebungen im Klassement. Am meisten profitierte neben Weder der deutsche Bob von Rudi Lochner, der von Platz acht noch auf den vierten Platz vor rutschte. Die Bronzemedaille verpasste er dabei um gerade einmal 3 Hundertstel. Diese sicherte sich der Italiener Günther Huber, dem neuen Trainerteam war damit auf Anhieb eine internationale Medaille gelungen. Als Volker Dietrich im zweiten Durchgang nur die viertschnellste Zeit mit einem gehörigen Rückstand auf Weder fuhr, war die Sensation perfekt, Titelverteidiger Gustav Weder wurde erneut Bob-Europameister im Zweierbob.[2][3]

Rang Bob Lauf 1 Lauf 2 Gesamtzeit
Rückstand
Zeit Rang Zeit Rang
1 Schweiz Schweiz I
Gustav Weder
Bruno Gerber
1:04,96 7 1:04,12 1 2:09,08 min
2 Deutschland Deutschland II
Volker Dietrich
Peer Joechel
1:04,61 1 1:04,58 4 2:09.19
+0.11
3 Italien Italien I
Günther Huber
Stefano Ticci
1:04,89 5 1:04,43 3 2:09.32
+0.24
4 Deutschland Deutschland I
Rudi Lochner
Markus Zimmermann
1:04,97 8 1:04,38 2 2:09.35
+0.27
5 Osterreich Österreich I
Ingo Appelt
Thomas Schroll
1:04,91 6 1:04,58 4 2:09.49
+0.41
6 Schweiz Schweiz II
Celeste Poltera
Marco Battaglia
1:04,87 3 1:04,65 6 2:09.52
+0.44
7 Schweiz Schweiz III
Christian Meili
Christian Reich
1:05,13 9 1:04,78 7 2:09.91
+0.83
8 Kanada Kanada II
Chris Lori
Ken LeBlanc
1:04,88 4 1:05,04 ? 2:09.92
+0.84
9 Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich I
Nick Phipps
Dave Armstrong
1:04,71 2 1:05,35 ? 2:10.06
+0.98
10 Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich II
Sean Olsson
Erik Sekwalor
2:10.41
+1.33

Viererbob

In Vorbereitung auf die Konkurrenz bei den großen Schlitten wurden Erinnerungen an die Europameisterschaft 1987 wach. Schon damals hatte es schwere Trainingsstürze gegeben, infolge dessen ein Teil der damals führenden Teams abgereist war. Auch diesmal gab es wieder Trainingsstürze, so dass das erste Training abgebrochen wurde. Neben den zum Favoriten ernannten Gustav Weder, der diese Stellung auch im Training bestätigte, sah die Presse auch Ingo Appelt aus Österreich sowie die deutschen Bobs mit Volker Dietrich, Rene Wiese und Rudi Lochner als Mitfavoriten um den EM-Titel.[4] Letztlich gewann Weder mit fast einer halben Sekunde Vorsprung seinen ersten EM-Titel im Viererbob vor Dirk Wiese, der seine aufsteigende Form mit der ersten internationalen Medaille im Bobsport krönte. Nach Silber im Zweierbob gewann Volker Dietrich Bronze im Vierer. Trotz eines guten fünften Platzes von Christian Meili gab es dennoch Aufregung im Schweizer Boblager. Nachdem Nico Baracchi durch einen Fehler eines Crewmitglieds beim Einsteigen nach dem ersten Lauf nur Platz 17 bei 21 Teilnehmern belegt hatte, trat der zum zweiten Lauf nicht mehr an. Baracchi wurde daraufhin für das nächste Weltcuprennen in La Plagne vom Schweizer Verband gesperrt.[5][6]

Platz Bob Gesamtzeit
Rückstand
1 Schweiz Schweiz I
Gustav Weder
Bruno Gerber
Lorenz Schindelholz
Curdin Morell
2:02.99
2 Deutschland Deutschland I
Dirk Wiese
Thorsten Wölm
Oliver Rogge
Olaf Hampel
2:03.47
+0.48
3 Deutschland Deutschland II
Volker Dietrich
Sven Rühr
Frank Jacob
Thomas Rex
2:03.55
+0.56
4 Osterreich Österreich I
Ingo Appelt
Gerhard Haidacher
Gerhard Redl
Harald Winkler
2:03.82
+0.83
5 Schweiz Schweiz III
Christian Meili
Beat Hitz
René Hitz
Christian Reich
2:04.05
+1.06
6 Deutschland Deutschland III
Rudi Lochner
Kai-Uwe Kohlert
Matthias Zieschang
Markus Zimmermann
2:04.18
+1.19
7 Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich II
Nick Phipps
David Armstrong
Keen
Edd Horler
2:04.26
+1.27
8 Kanada Kanada I
Greg Haydenluck
Todd Crawford
Sheridon Baptiste
Peter Robertsen-Stovel
2:04.32
+1.33
9 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten I
Charles Leonowicz
Todd Snavely
Bryan Leturgez
Christopher Green
2:04.35
+1.36
10 Italien Italien
Günther Huber
Antonio Tartaglia
Thomas Rottensteiner
Marco Andreatta
2:04.40
+1.41

Medaillenspiegel

Platz Nation Gold Silber Bronze
1 Schweiz Schweiz 2 0 0
2 Deutschland Deutschland 0 2 1
3 Italien Italien 0 0 1

Einzelnachweise

  1. Neue Zürcher Nachrichten vom 25. Juni 1990 S.5
  2. Freiburger Nachrichten vom 23. Januar 1991 S.11
  3. Berliner Zeitung vom 23. Januar 1991 S. 25
  4. Neue Zürcher Nachrichten vom 24. Januar 1991 S.11
  5. Neue Zürcher Nachrichten vom 28. Januar 1991 S.5
  6. Berliner Zeitung vom 28. Januar 1991 S. 19

Davos 1929 | Cortina d’Ampezzo 1965 | Garmisch-Partenkirchen 1966 | Igls 1967 | St. Moritz 1968 | Cervinia 1969 | Cortina d’Ampezzo 1970 | Königssee/Igls 1971 | St. Moritz 1972 | Cervinia 1973 | Cortina d’Ampezzo 1974 | 1975 | St. Moritz 1976 | Sinaia 1977 | Igls 1978 | Winterberg 1979 | St. Moritz 1980 | Igls 1981 | Cortina d’Ampezzo 1982 | Sarajevo 1983 | Igls 1984 | St. Moritz 1985 | Igls 1986 | Cervinia 1987 | Sarajevo 1988 | Winterberg 1989 | Igls 1990 | Cervinia 1991 | Königssee 1992 | St. Moritz 1993 | La Plagne 1994 | Altenberg 1995 | St. Moritz 1996 | Königssee 1997 | Igls 1998 | Winterberg 1999 | Cortina d’Ampezzo 2000 | Königssee 2001 | Cortina d’Ampezzo 2002 | Winterberg 2003 | St. Moritz/Sigulda 2004 | Altenberg 2005 | St. Moritz 2006 | Cortina d’Ampezzo 2007 | Cesana Torinese 2008 | St. Moritz 2009 | Igls 2010 | Winterberg 2011 | Altenberg 2012 | Igls 2013 | Königssee 2014 | La Plagne 2015 | St. Moritz 2016 | Winterberg 2017 | Igls 2018 | Königssee 2019 | Sigulda/Winterberg 2020 | Winterberg 2021 | St. Moritz 2022 | Altenberg 2023 | Igls/Sigulda 2024